Ronja Hoffacker im Interview
Unsere Alumna Ronja Hoffacker (Abschlussjahr 2019) hat an der WiSo BWL studiert und einen Master in Corporate Development gemacht. Unmittelbar nach ihrem Abschluss ging sie als Strategy Consultant zu McKinsey, im August 2022 gründete sie parallel dazu das Unternehmen equaly: ein Angebot, mittels dem Paare professionell in der fairen und gleichberechtigten Aufteilung der Haushalts- und Care-Arbeit unterstützt werden. Im Juni 2023 verließ sie McKinsey, um sich ihrem Unternehmen vollumfänglich zu widmen. In unserem Alumni-Interview sprachen wir mit ihr über die Motivation hinter der Gründung von equaly, wie das Gateway Exzellenz Start-up Center der Universität zu Köln sie während und auch nach der Gründung unterstützt hat und warum sie keine Angst vor dem Scheitern hat.
Wenn man eine Idee hat, an die man glaubt, dann muss man es fast schon probieren – sonst fragt man sich doch immer 'Was wäre, wenn?'.
Liebe Ronja, nach deinem Studium an der WiSo bist du unmittelbar in die Unternehmensberatung gegangen. Hattest du von Anfang an einen Karriereplan und hat dein Studium dich gut darauf vorbereitet?
Einen richtigen Karriereplan in dem Sinne hatte ich nicht – ich hatte eigentlich immer eher kurzfristige Interessen und Ziele, die ich mir gesteckt habe. Beispielsweise habe ich während meines Bachelors den Wunsch entwickelt, im Nachhaltigkeitsbereich zu arbeiten, und habe dann bei der REWE Group ein Praktikum in ihrer Einkaufsgesellschaft in Hong Kong gemacht, und anschließend in Deutschland weiter dort im Nachhaltigkeitsbereich gearbeitet. Das Interesse an der Beratung entstand über meine Teilnahme am Case Study Course und an einem Event von McKinsey und L‘Oréal, das ich während meines Masters besucht habe. Ich habe mein Studium immer als Zeitraum betrachtet, in dem ich möglichst viel ausprobieren kann, und dafür bietet die WiSo und die Stadt Köln natürlich sehr viele Möglichkeiten.
Parallel zu deiner Tätigkeit bei McKinsey hast du dann gemeinsam mit deiner Geschäftspartnerin Louisa Plasberg equaly gegründet. Euer Geschäftsmodell ist die Unterstützung von Paaren bei der fairen und gleichberechtigten Aufteilung der Haushalts- und Care-Arbeit, also bspw. bei der Kinderbetreuung oder der häuslichen Pflege von Angehörigen. Wie kam es zu der Idee von equaly und worin habt ihr den Case gesehen?
Louisa und ich haben uns über das Thema kennengelernt, bzw. wurden von einer gemeinsamen Freundin connected. Wir hatten beide schon vorher ein Interesse an den offensichtlichen Unterschieden in den Erwerbsbiografien von Männern und Frauen und dem Umbruch, der eben noch so oft stattfindet, sobald ein Kind ins Spiel kommt. Ich war zu dem Zeitpunkt in Elternzeit, also auch persönlich mittendrin in dieser Lebensphase. Und habe von meiner Umgebung sehr stark gespiegelt bekommen, wie ungewöhnlich es nach wie vor für Paare ist, sich die Care-Arbeit untereinander wirklich aufzuteilen. Und es ist eben nicht so, dass sich alle Paare nach wie vor eine traditionelle Aufteilung wünschen, es wird nur oftmals gar kein Weg gesehen, es anders zu machen, als das stereotypische Bild. Louisa und ich hat daher zunächst mal einfach angetrieben, dass wir daran etwas ändern wollten. Daraus ein Geschäftsmodell zu machen war dann eher der zweite Schritt.
Unsere Vision ist es, irgendwann alle Lebensphasen und -bereiche abzudecken, die in einer gleichberechtigten Partnerschaft relevant sind.
Könntest du uns kurz beschreiben, was ihr bei equaly genau macht?
Wir haben bei equaly ein digitales Tool gebaut, mit dem Paare ihre Care-Arbeit besser aufteilen können. Wenn Paare mit equaly starten, werden sie durch eine Selbstcoaching-Session geleitet, um zu ihrer ersten Aufteilung zu kommen. Dabei ist wichtig, dass wirkliche Verantwortung für Aufgabenbereiche verteilt wird – es gibt nämlich oftmals die Tendenz, nur die Ausführung der Aufgaben zu verteilen, während eine Person weiterhin die Organisation von Haushalt und Kinderbetreuung übernimmt. Diesen Stressfaktor, den Mental Load, verteilen wir mit equaly ebenfalls.
Die Paare kommen dann alle 1-2 Wochen zu sogenannten Check-ins zusammen, verbessern ihre Aufteilung weiter und tauschen sich auch über weiterführende Themen aus – wir haben beispielsweise einen Drei-Kontenrechner im Tool integriert, oder das Vereinbarkeitsplaybook, einen spielerischen Gesprächsleitfaden zur gemeinsamen Zukunft. Darüber hinaus bieten wir den Paaren Live-Sessions zum Austausch mit anderen Paaren und Expert:innen an, machen Coaching-Sessions, und arbeiten auch mit Unternehmen zum Thema Chancengerechtigkeit und Equal Care zusammen.
Unsere Vision ist es, irgendwann alle Lebensphasen und -bereiche abzudecken, die in einer gleichberechtigten Partnerschaft relevant sind.
Unterstützt wurdet ihr bei der Gründung durch das Gateway Exzellenz Start-up Center der Universität zu Köln. Wie sah die Unterstützung aus und worin lag die größte Herausforderung bei der Gründung?
Am Anfang war eine große Herausforderung die Fokussierung, weil unser Themenbereich so viele miteinander vernetzte Aspekte enthält, und Paare sehr individuelle Lösungen brauchen. Und es kommen auch danach natürlich immer wieder Wegpunkte, an denen Entscheidungen getroffen werden müssen, ohne alle Informationen zu kennen. Deswegen war die größte Unterstützung, und so ist es auch heute noch, die Vernetzung mit Expert:innen oder Ansprechpartnern aus Unternehmen. Der zweite Punkt, bei dem uns das Gateway auch nach wie vor extrem unterstützt, ist das Thema Öffentlichkeit. Es ist wahnsinnig herausfordernd, als Start-up gehört und gesehen zu werden – das Gateway hat einen super Überblick über die relevanten Veranstaltungen und Netzwerke der Region, das hat uns schon mehrfach sehr geholfen.
Natürlich ist es gut möglich, mit einer Gründungsidee zu scheitern – es scheitern ja sogar mehr Start-ups, als erfolgreich werden. Dann kann man aber ja immer noch zurück auf den 'sicheren' Karriereweg gehen, also wieder in einem Angestelltenverhältnis arbeiten.
Im Juni 2023 hast du bei McKinsey aufgehört, wo du während der Gründung noch die ganze Zeit beschäftigt warst. Wie schwer ist dir dieser Schritt gefallen und wieviel Ungewissheit hattest du im Bauch, einen sicheren Karriereweg erstmal zu verlassen?
Meiner bisherigen Erfahrung nach braucht ein Start-up, wenn man die Ideenphase verlässt und konkret an einem Produktlaunch arbeitet, die volle Aufmerksamkeit. Daher war es für mich einfach schön, die Klarheit zu haben: Das möchte ich jetzt machen, und zwar mit aller Energie die ich habe. Und natürlich ist es gut möglich, mit einer Gründungsidee zu scheitern – es scheitern ja sogar mehr Start-ups, als erfolgreich werden. Dann kann man aber ja immer noch zurück auf den „sicheren“ Karriereweg gehen, also wieder in einem Angestelltenverhältnis arbeiten. Daher habe ich es nie als ein existentielles Risiko empfunden, den Schritt zu gehen. Ich glaube, wenn man eine Idee hat, an die man glaubt, dann muss man es fast schon probieren – sonst fragt man sich doch immer „Was wäre, wenn?“. Und das Berufsleben ist so lang, da kann man schon mal eine Abbiegung nehmen, selbst wenn die am Ende nicht erfolgreich gewesen sein sollte.
Du hast es schon angedeutet: Vor kurzem bist du selbst Mutter geworden. Hast du einen heißen Tipp: Wie organisierst du selbst die Care-Arbeit?
Für mich, bzw. uns ist der Schlüssel zu weniger Stress eine Grundstruktur der Verantwortlichkeiten gewesen. Wir legen also regelmäßig, wie beim equaly System vorgesehen, die Verantwortung für einzelne Bereiche (Einkaufen, Kinderarzt, Kochen etc.) fest. Wir haben außerdem feste Tage, an denen wir für die Kinderbetreuung zuständig sind, also das Bringen und Abholen von der Tagespflege, und das Einspringen, falls unsere Tochter oder unser Tagesvater krank sein sollte. Und wir binden Freunde und Familie in die Betreuung ein – da ist unsere Tochter glücklicherweise recht unkompliziert.
Könntest du den folgenden Satz vervollständigen: Denke ich an meine Studienzeit in Köln zurück, denke ich…
Man erinnert sich ja immer an die letzte Zeit am besten, deswegen denke ich viel an meine Bib-Routine während der Masterarbeitsphase, mit langen Kaffeepausen am Kaffeestand. Aber auch einfach an spannende Diskussionen, zum Beispiel zum Themenbereich Corporate Social Responsibility, in dem ich mehrere Kurse und ein Business Project gemacht habe. Allgemein würde ich sagen waren die Gruppenarbeiten in meinem Master auch über die reinen Inhalte hinaus extrem lehrreich.
Ich habe mein Studium immer als Zeitraum betrachtet, in dem ich möglichst viel ausprobieren kann, und dafür bietet die WiSo und die Stadt Köln natürlich sehr viele Möglichkeiten.
Würdest du unseren Studierenden abschließend noch drei Tipps mit auf den Weg geben?
Ich glaube ich würde drei Fragen mitgeben, die ich mir regelmäßig selber stelle:
- Was fällt mir leicht und gibt mir Energie, und was fällt mir eher schwer und zieht mir Energie? Das kann z.B. auch eine Prüfungsform sein. Ich fand Klausuren immer sehr anstrengend, und wollte deswegen im Master möglichst wenige schreiben.
- Was interessiert mich? Klingt banal, aber ich habe Praktika oder Werkstudi-Jobs immer nach Interesse ausgesucht – dadurch war mein Lebenslauf dann erstmal ein bunter Strauß, aber daran hat sich nie jemand gestört
- Wofür mache ich das? Man macht natürlich nicht immer nur Dinge, die Spaß machen – deswegen hatte ich immer ein Ziel im Kopf, für das ich beispielsweise die aktuelle Lernphase auf mich genommen habe. Das Ziel kann sich natürlich ändern, aber ich fand es immer hilfreich eines im Kopf zu haben, beispielsweise einen Job, ein Auslandssemester oder einen Urlaub.
Ich bedanke mich für deine Zeit und für das Interview.