"Journalisten müssen besonders gut recherchierte, unabhängige und schlaue Inhalte liefern"
Welche Herausforderungen bringt die Digitalisierung für den Journalismus mit sich? Wie sehen die Zukunftsaussichten der neuen Generation von Jungjournalist*innen aus?
Diese und weitere Fragen hat uns Ulric Papendick beantwortet, mit dem wir anlässlich des 50-jährigen Bestehens der Kölner Journalistenschule und dem Ausbau der Kooperation mit der WiSo-Fakultät gesprochen haben.
Ulric Papendick leitet die Geschäfte der Kölner Journalistenschule seit Juli 2015. Zuvor war er bereits viele Jahre als Dozent an der Schule tätig. Bis zu seinem Antritt als Schulleiter war der Diplom-Volkswirt und Wirtschaftsjournalist Redakteur beim manager magazin. Er unterrichtet Finanzjournalismus und ist als Direktor unter anderem für die Praktika zuständig.
Interview mit Ulric Papendick
Herr Papendick, Sie sind Geschäftsführender Direktor der Kölner Journalistenschule, einer der renommiertesten Journalistenschulen Deutschlands. Diese bildet Journalistinnen und Journalisten für Politik und Wirtschaft aus. Journalismus ist im Moment ein beliebtes Berufsziel vieler Abiturient*innen. Wem empfehlen Sie, sich an Ihrer Journalistenschule zu bewerben? Was muss man mitbringen und was erwartet die Journalistenschülerinnen und -schüler?
Ich empfehle die Bewerbung allen, die neben Neugier, einer schnellen Auffassungsgabe und einem gewissen schreiberischen Talent auch ein Interesse für Themen aus Politik und Wirtschaft mitbringen. Zu Letzterem gehört übrigens auch, dass man mit Mathematik nicht komplett auf Kriegsfuß steht. Journalismus ist ein spannender und vielseitiger Beruf, aber er fordert auch viel von denjenigen, die ihn sich aussuchen. Man muss in der Lage sein, sich immer wieder schnell in neue Themen einzuarbeiten und sie zu hinterfragen. Das bringen wir unseren Schülerinnen und Schülern bei, und deshalb erwartet sie bei uns ein sehr abwechslungsreiches, aber auch anspruchsvolles Programm. Sie werden viele unterschiedliche Facetten des Journalismus kennenlernen, sie werden viele Praktika absolvieren, sie werden viel in der Welt unterwegs sein und sich mit ganz unterschiedlichen Themen beschäftigen. Wem das Spaß macht, der ist bei uns richtig.
Dieses Jahr feiert die 1968 gegründete Kölner Journalistenschule ihr 50-jähriges Jubiläum. Woran möchten Sie beim Blick auf die Geschichte der Kölner Journalistenschule besonders erinnern?
Ich bin wohl noch nicht lange genug dabei, um das wirklich beurteilen zu können. Fest steht, dass es damals Ende der sechziger Jahre eine wirklich visionäre Idee war, eine Journalistenschule zu gründen, die eine praktische Berufsausbildung mit einem universitären Studium verbindet. Diese duale Ausbildung ist etwas, dass die Kölner Journalistenschule von praktisch allen anderen deutschen Journalistenschulen unterscheidet. Dieses Modell hat sich über viele Jahre bewährt, es hat dazu geführt, dass wir in den vergangenen 50 Jahren mehr als 700 Journalistinnen und Journalisten ausgebildet haben, die auf ihren Beruf optimal vorbereitet waren.
Die technischen Möglichkeiten für Journalisten, mit ihren Lesern, Hörern und Zuschauern zu kommunizieren, haben sich in den vergangenen Jahren so stark gewandelt wie zuvor in mehreren Jahrzehnten nicht.
Inwiefern haben sich die Ausbildung und die Zukunftsaussichten Ihrer Absolventinnen und Absolventen in dieser Zeit verändert?
Die Ausbildung an einer Journalistenschule folgt der Entwicklung, die sich in der Medienlandschaft vollzieht. Und die ist sehr stark durch die Digitalisierung geprägt. Die technischen Möglichkeiten für Journalisten, mit ihren Lesern, Hörern und Zuschauern zu kommunizieren, haben sich in den vergangenen Jahren so stark gewandelt wie zuvor in mehreren Jahrzehnten nicht. Das verändert natürlich auch die Ausbildung. Wir bilden unsere Schülerinnen und Schüler heute in Techniken aus, etwa im Mobile Reporting, im Datenjournalismus oder bei der Konzeption digitaler Projekte, die es vor wenigen Jahren so noch gar nicht gab. Im Idealfall kann sich eine Schule sogar an die Spitze einer solchen Veränderung setzen und zum Beispiel ausprobieren, welche neuen digitalen Kanäle sich für journalistische Zwecke eignen und welche eher nicht.
Die Digitalisierung der Medien hat auch einen großen Einfluss auf die Zukunftsaussichten unserer Absolventinnen und Absolventen. Es ist noch nicht lange her, da haben viele Journalisten ihrem eigenen Berufsstand eine ziemlich düstere Zukunft prophezeit. Vor allem, weil nicht klar war, wie man mit journalistischen Angeboten im Internet Geld verdienen soll. Mittlerweile zeigt sich aber, dass es da doch eine Menge guter Ideen gibt. Und tatsächlich haben unsere Absolventen sogar sehr gute Chancen, sofort nach dem Ende der Ausbildung einen attraktiven Job zu ergattern. Das liegt auch daran, dass gerade bei den großen überregionalen Zeitungen und Magazinen, Onlineportalen und Sendern Journalisten mit guten Kenntnissen in Wirtschafts- und Politikthemen sehr gefragt sind.
Journalisten können ihre Leser heute ganz anders informieren und erreichen als früher. Der Beruf wird dadurch noch spannender und vielseitiger, schon allein weil der Kontakt zum Leser viel direkter ist als früher.
Sehen Sie die Digitalisierung vor allem als Bedrohung oder als Chance für den Journalismus?
Inhaltlich ist die Digitalisierung auf jeden Fall eine Chance. Journalisten können ihre Leser heute ganz anders informieren und erreichen als früher. Der Beruf wird dadurch noch spannender und vielseitiger, schon allein weil der Kontakt zum Leser viel direkter ist als früher. Aber es gibt natürlich auch Herausforderungen. Heute kann jeder Politiker, jedes Unternehmen und auch jeder einzelne Mensch die neuen digitalen Kanäle nutzen, um seine Botschaften zu verbreiten. Davon müssen sich Journalisten abheben, indem sie besonders gut recherchierte, unabhängige und schlaue Inhalte liefern. Hinzu kommt die bereits erwähnte Frage, wie man mit digitalen journalistischen Angeboten Geld verdienen kann. Das ist nicht trivial, aber auch nicht hoffnungslos.
Seit Jahren gibt es eine erfolgreiche Kooperation der Kölner Journalistenschule mit der WiSo-Fakultät. Können Sie kurz schildern, wie diese Zusammenarbeit aussieht und wie die Studierenden davon profitieren?
Unsere Schülerinnen und Schüler absolvieren bei uns zunächst eine einjährige Grundausbildung. Anschließend beginnen sie ein Studium an der WiSo-Fakultät, wobei ihnen seit kurzem alle an der Fakultät angebotenen Studiengänge zur Auswahl stehen. Nur wer das Bachelorstudium erfolgreich abschließt, erhält auch das Zertifikat unserer Schule. Diese duale Ausbildung sorgt dafür, dass die Schüler handwerklich und fachlich top sind. Das Studium Integrale an der Universität wird unseren Schülern übrigens gegen Nachweis unserer Grundausbildung erlassen.
Bis zu Ihrem Antritt als Schulleiter der Kölner Journalistenschule waren Sie als Wirtschaftsjournalist tätig und Redakteur beim manager magazin. War Ihnen schon früh klar, dass Sie Journalist werden wollen? Und was hat Sie an diesem Beruf besonders gereizt?
Bei mir hat es ein wenig gedauert, bis ich den Journalismus als meinen Lieblingsberuf entdeckt habe. Das habe ich eigentlich erst während meines Studiums gemerkt. Ich fand – und finde – die Vielseitigkeit dieses Berufs faszinierend. Immer wieder neue Themen, neue Schauplätze, neue Gesprächspartner – diese Idee hat mir gefallen. Außerdem haben mich Wirtschaftsthemen schon immer interessiert.
Sie sind selbst Alumnus der WiSo-Fakultät. An welche Aspekte Ihrer Studienzeit erinnern Sie sich besonders gerne zurück?
Ich habe ja noch im Diplomstudiengang studiert und kann mich gut an die Seminare im Hauptstudium erinnern, unter anderem mit Jürgen Donges und Johann Eekhoff. In diesen Seminaren ein Referat zu halten, war eine echte Herausforderung, aber es waren auch immer spannende und sehr praxisnahe Themen.
Für einen Wirtschaftsjournalisten ist VWL meiner Meinung nach das ideale Studium.
Wie konnten Sie von Ihrem VWL- Studium an der Fakultät für Ihren weiteren Berufsweg profitieren?
Für einen Wirtschaftsjournalisten ist VWL meiner Meinung nach das ideale Studium. Man lernt die Zusammenhänge kennen, die die Märkte in einer Volkswirtschaft bestimmen. Wenn man dann später als Journalist – meistens aus einem bestimmten aktuellen Blickwinkel – über diese Märkte berichtet, hilft einem das Rüstzeug, das man im Studium mitbekommen hat, enorm.
Gibt es vielleicht auch eine kleine Anekdote, die Sie uns aus Ihrem eigenen Studium erzählen möchten?
Während ich meine Diplomarbeit schrieb, wohnte ich zeitweise bei meinen Eltern. Ich weiß noch, dass ich einmal morgens meinen Vater traf, der sich auf den Weg ins Büro machte. Er war ganz erstaunt und fragte mich, warum ich denn schon so früh wach sei. Worauf ich mit dunklen Rändern unter den Augen antwortete: „Nicht schon. Immer noch.“ Gottseidank habe ich meine Diplomarbeit dann einige Wochen später fertiggestellt.
Vielen Dank für das Interview, Herr Papendick!
Die Fragen stellte Sarah Brender.