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Eugen Töws im Interview

„Die Entscheidung zur Promotion sollte wohlüberlegt sein“

Promovieren, ja oder nein? Einen Doktortitel vor dem Namen zu haben, finden viele Studierende attraktiv. Wenn nach dem Studienabschluss diese Möglichkeit erwogen wird, geht es oft um die Frage nach dem Ziel – was will man mit einer Promotion erreichen?
Unser Alumnus Dr. Eugen Töws ist Financial Economist im Zentralbereich Banken und Finanzaufsicht bei der Deutschen Bundesbank in Frankfurt.
Wir sprachen mit ihm unter anderem über die Erfordernisse einer Doktorarbeit und warum er sich für eine Promotion entschieden hat. Außerdem gibt er unseren Studierenden wertvolle Tipps.

Lieber Herr Dr. Töws, nach Ihrem Wirtschaftsmathematik-Studium haben Sie promoviert. Warum war Ihnen eine Promotion wichtig?
Die Spezialisierungsmöglichkeiten meines Hauptstudiums, unter anderem mit Blick auf Ökonometrie, Statistik und Finanzmathematik sowie meine empirische Abschlussarbeit haben mein Interesse geweckt noch tiefer in diese Themen und die verwandten Methoden einzusteigen. Die Promotion war dafür die ideale Gelegenheit und bereitete meinen Weg hin zu vielen spannenden Forschungsprojekten während meiner Zeit an der Universität zu Köln und darüber hinaus.
Grundsätzlich habe ich die Promotion stets als wertvolle Zusatzqualifikation gesehen.

Welche Kompetenzen haben Sie durch Ihr Promotionsstudium an der WiSo-Fakultät erworben?
Ganz allgemein ist die Promotion als der Nachweis der Befähigung zum vertieften, selbstständigen und wissenschaftlichen Arbeiten zu verstehen. Damit lassen sich die während des Promotionsstudiums erworbenen Kompetenzen grundsätzlich gut beschreiben.

Ergänzend würde ich die Eigenverantwortlichkeit für die Durchführung und letztlich auch für den Erfolg der wissenschaftlichen Projekte nennen.

Durch die lange und intensive Beschäftigung mit einem abgegrenzten Thema und der Verwendung statistischer Methoden entwickelte ich zwangsläufig Expertise auf diesem Gebiet. Darüber hinaus gab es einige Lektionen für das Leben zu lernen wie zum Beispiel sinnvolle Kompromisse bei der Zusammenarbeit mit Kollegen einzugehen oder sich fachlich zukunftsorientiert auszurichten.
Der Kern der Promotion, die schriftliche Doktorarbeit, ist meist ein langfristiges Ziel.

Die Definition dieses Zieles ist hierbei nur der erste Schritt.

Seine jahrelange Verfolgung erfordert zusätzlich Disziplin und, dass man eine gewisse Leidenschaft für die Thematik mitbringt und entwickelt. Auf diese Weise konnte ich auch Durststrecken überwinden als es beispielsweise Schwierigkeiten bei der Datenbeschaffung oder -auswertung gab.

Ich durfte insbesondere erfahren, wie wichtig es für die eigene Motivation sein kann, sich Zwischenziele zu setzen und regelmäßig kleine Erfolge einzufahren. Auch wenn es meist mit erheblichem zusätzlichem Aufwand verbunden war, wurde ich durch die Möglichkeit zur Präsentation meiner Arbeit auf wissenschaftlichen Konferenzen oder die Veröffentlichung von Artikeln in Zeitschriften stets zusätzlich angetrieben.

Was sollten Studierende – aus Ihrer Sicht – bedenken, die gerne promovieren möchten?
Die Entscheidung zur Promotion sollte wohlüberlegt sein.
Wie seine Alternativen, die Beschäftigung in der privaten Wirtschaft, in öffentlichen Einrichtungen oder gar die Selbstständigkeit bietet die Promotion Vorteile birgt aber auch Risiken. Abhängig von den eigenen Vorstellungen könnten Aspekte wie z.B. das Gehalt und Karrierechancen beurteilt und verglichen werden. Neben rationellen Kriterien halte ich eine intrinsische Motivation für erfolgsentscheidend. Damit meine ich insbesondere eine gewisse Begeisterung für das wissenschaftliche Arbeiten und wissenschaftliche Fragestellungen.
Die Dauer und sogar der Erfolg der Promotion kann von Faktoren getrieben sein, die man selbst nicht oder kaum beeinflussen kann und ist deshalb häufig schwer vorherzusagen. Das kann einerseits die lange Wartezeit bis zur Verfügbarkeit der For-schungsdaten oder eine zu geringe Beteiligung an einer Umfrage sein. Außerdem können die erhobenen Daten von ungenügender Qualität sein oder keine eindeutige Antwort auf die Forschungsfrage liefern. Ähnliches kann Ihnen jedoch ebenso bei der Verfolgung Ihrer Karriere außerhalb der Promotion passieren.
Andererseits bieten sich während des Promotionsstudiums zahlreiche Möglichkeiten interessante Projekte durchzuführen, internationale Kontakte zu Forschungskollegen zu knüpfen und den akademischen Nachwuchs zu betreuen.
Rückblickend bin ich sehr froh und dankbar für die Gelegenheit zur Promotion am Lehrstuhl von Professor Hartmann-Wendels und würde mich jederzeit wieder dafür entscheiden.

Dort durfte ich mich wissenschaftlich fundiert mit dem Risikomanagement von Finanzinstituten auseinandersetzen und ausgiebig mit umfangreichen Daten und Analysemethoden arbeiten. Bis heute schätze ich insbesondere die geknüpften Freundschaften und professionellen Kontakte.

Sie sind seit einem Jahr als Financial Economist bei der deutschen Bundesbank tätig. Wie sieht für Sie ein normaler Arbeitstag aus?
Vereinfacht dargestellt, programmiere ich an einem normalen Arbeitstag Routinen zur Analyse der erhobenen Bankendaten, validiere die Daten anhand standardisierter Informationsquellen, wie dem Meldewesen, und erstelle Ergebnisberichte.

Diese Berichte dienen dann unter anderem als Entscheidungsgrundlage zur Festlegung bankenaufsichtlicher Maßnahmen. Darüber hinaus berichten wir regelmäßig intern über die Ergebnisse unserer Analysen sowie die Auswirkung auf den Bankenmarkt und die Ursachen potenzieller Risiken.

Im Rahmen einer globalen Zentralbankkommunikation bieten wir des Weiteren Fortbildungen zu Stresstests und zur Datenanalyse an. Zusätzlich ergeben sich aufgrund der umfangreichen Datengrundlage bei der Zentralbank zahlreiche Projekte zur Erforschung finanzwirtschaftlicher Fragestellungen und Zusammenhänge.

Gibt es Ereignisse oder Erlebnisse innerhalb Ihres beruflichen Alltags, mit denen Sie vor Ihrem Berufseinstieg so nicht gerechnet hätten?
Als Mitarbeiter der deutschen Zentralbank und insbesondere der Bankenaufsicht ist die Tragweite der eigenen Arbeit relativ groß ebenso wie die damit einhergehende Verantwortung. So haben meine Untersuchungen unter anderem direkten Einfluss auf regulatorische und bankenaufsichtliche Maßnahmen. Ich bin positiv überrascht, dass ich darüber hinaus regelmäßig in Austausch mit dem Vorstand zu den relevanten Themen meines Fachgebiets trete.

Vor dem Antritt meiner Stelle war mir auch nicht bewusst, wie stark die weltweiten Zentralbanken miteinander vernetzt sind und dass reger Wissensaustausch betrieben wird. So bietet mir beispielsweise die technische Zentralbankkommunikation eine sehr interessante und nachgefragte Plattform meine Fachkenntnisse mit Kolleginnen und Kollegen anderer Zentralbanken zu teilen und wertvolle Kontakte zu knüpfen.

Was würden Sie unseren Studierenden im Allgemeinen gerne mit auf den Weg geben? Und was sind Ihre drei Tipps für unsere Studierenden?
Neben dem regulären Kursprogramm Ihres Studiengangs bietet die Universität zu Köln seinen Studierenden ein besonders vielfältiges und meist gebührenfreies Angebot an Zusatzqualifikationen. Blicken Sie über den Tellerrand Ihres Studiengangs hinaus und besuchen Sie nach Interesse und mit etwas Weitblick einen Computerkurs, einen Unternehmensgründerkurs, verfestigen Sie eine erlernte Sprache oder lernen Sie eine neue. Eine solche Zusatzqualifikation erweitert nicht nur Ihren Horizont und lässt Sie neue Zusammenhänge erkennen und Wissen transferieren, sondern kann künftig auch ein möglicherweise unerwarteter komparativer Vorteil sein.

Bedenken Sie, dass insbesondere nicht berufsrelevante Fortbildungen im späteren Berufsalltag schwieriger umzusetzen sind.
Um ein wenig konkreter zu werden, nach meiner Erfahrung gewinnen analytisches Denken und Programmierkenntnisse nicht zuletzt in der Finanzbranche zunehmend an Bedeutung.

Berufseinsteiger mit Beleg für diese Fähigkeiten können sich häufig positiv von ihren Mitbewerbern abgrenzen.
Wie immer lässt sich alles leichter bewerkstelligen, wenn man tatsächlich Spaß an seiner Tätigkeit oder seinem Studienfach hat und dieser auch in der Freizeit nicht zu kurz kommt. Meine Studien- und insbesondere meine Promotionszeit habe ich deshalb sehr positiv in Erinnerung.

Vielen Dank für das Interview!

Über Eugen Töws:

Nach seinem Studium der Wirtschaftsmathematik an der Philipps-Universität Marburg promovierte Eugen Töws an der WiSo-Fakultät der Universität zu Köln. Dr. Eugen Töws hat seine Promotionsarbeit zum Thema „Advanced Methods for Loss Given Default Estimation“ am Seminar für Bankbetriebslehre von Professor Hartmann-Wendels im Jahr 2015 abgeschlossen und fand den nahtlosen Einstieg bei der Deutschen Bundesbank in Frankfurt.

 

Interview: Ayla Wisselinck