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Wussten Sie schon, dass eine Berufsorientierung für Abiturientinnen und Abiturienten die Gleichstellung voranbringen kann?

Frauen wählen häufiger Studienfächer in menschenzentrierten Bereichen, während Männer häufiger Studienfächer in technischen, mathematikintensiven und sachorientierten Bereichen bevorzugen. Dies verstärkt Geschlechterstereotypen und Ungleichheiten im weiteren Berufsleben.
Versuche, diese Benachteiligung zu überwinden, zielen meist darauf ab, mehr Schülerinnen dazu zu bewegen, sich für einen „Männerberuf“ und ein entsprechendes Studium zu entscheiden. Eine intensive Beratung von Oberstufenschülerinnen und -schülern konnte insbesondere mehr junge Männer überzeugen, einen für ihr Geschlecht atypischen Studiengang aufzunehmen, zeigt jetzt eine Studie von Prof. Dr. Marita Jacob und weiteren ISS-Forscher:innen sowie Kolleg:innen des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB). Im Rahmen einer experimentellen Studie zu einem intensiven, individuellen Beratungsprogramm für Abiturient:innen in Nordrhein-Westfalen mit 625 Teilnehmerinnen und Teilnehmern zeigte sich, dass der Einfluss des Programms auf die Studienfachwahl von Männern besonders stark war.
Bei männlichen Schülern förderte die Beratung die geschlechtsuntypische Studienfachwahl um etwa 16 Prozentpunkte, während in der Kontrollgruppe ohne Beratung insgesamt nur etwa 13 % der männlichen Schüler geschlechtsatypische Studienfächer gewählt hatten. Das Beratungsprogramm erhöhte zudem nicht nur die Einschreibungen in geschlechtsuntypische Studienfächer, sondern könnte auch den sogenannten Drehtüreffekt reduzieren, bei dem Studierende genderuntypische Studiengänge ohne Abschluss verlassen. Die wahrgenommene Passung zwischen Person und Studienfach sowie die Studienzufriedenheit wurden signifikant positiv beeinflusst.
Langfristig könnte die verstärkte Wahl bislang frauendominierter Studiengänge von jungen Männern durchaus die Gleichstellung der Geschlechter verbessern, so die Forscher:innen. Einerseits könnte eine ausgewogenere Geschlechterzusammensetzung in ehemals frauendominierten Bereichen zu einer höheren Wertschätzung dieser Bereiche führen, was zu einem höheren Einkommen führen könne. Außerdem könnten sich so auf mittlere Sicht Geschlechterstereotypen abbauen, was positive Effekte auf die Entscheidungen von Frauen haben könne, ein bislang männerdominiertes Studium aufzunehmen.