Heutzutage bekennen sich viele Unternehmen zur Gleichstellung und kommunizieren, dass sie sich der Förderung von Frauen, Diversität oder Chancengleichheit verschrieben haben. Andere Unternehmen legen besonders viel Wert auf Leistung und einheitliche Bewertungsstandards. Beeinflussen diese Unternehmenswerte, wie der berufliche Erfolg von Frauen und Männern eingeschätzt wird?
Das haben ISS-Forscherin der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät Paula Protsch (auch Bundesinstitut für Berufsbildung), Lena Hipp, Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) und Universität Potsdam und Kristin Kelley, American Institutes for Research, in einer aktuellen Studie untersucht. In einem Befragungsexperiment lasen die Teilnehmenden jeweils eine kurze Beschreibung einer Person, die vor kurzem in einem großen Unternehmen befördert wurde. Per Zufall wurde entschieden, ob es sich bei der Person um einen Mann oder eine Frau handelte und ob das Unternehmen besonderen Wert auf Leistungsprinzipien, Frauenförderung oder Förderung von Chancengleichheit legt. In allen anderen Punkten waren die Szenarien identisch.
Im Ergebnis zeigt sich: Wenn Unternehmen Wert auf Frauenförderung oder Chancengleichheit legen, ist es weniger wahrscheinlich, dass der Erfolg von Frauen als gerecht bezeichnet wird und auf Intelligenz und Fleiß zurückgeführt wird, als wenn Leistung und einheitliche Bewertungsstandards betont werden. Umgekehrt verhält es sich bei Männern. Die Beförderung von Männern wird als fairer wahrgenommen und in höherem Maße ihrer Intelligenz und ihrem Fleiß zugeschrieben, wenn in Unternehmen vorrangig Leistungsprinzipien gelten.
Gleichzeitig wird für alle drei Organisationstypen deutlich, dass Beförderungen von Frauen als fairer bewertet werden und ihr beruflicher Erfolg in höherem oder zumindest gleichem Maß ihrer Intelligenz und ihrem Fleiß zu geschrieben wird, wie das bei Männern der Fall ist. Anzunehmen ist, dass die Befragten der Auffassung waren, dass Frauen klüger und fleißiger sein müssen als Männer, um befördert zu werden. Die geringsten Unterschiede in den Einschätzungen zu Beförderungen von Frauen und Männern wurden für Unternehmen mit Frauenförderung festgestellt. Insofern sind diese Ergebnisse als Argumente für und nicht gegen betriebliche Gleichstellungsmaßnahmen zu interpretieren.