Prof. Dr. Werner Wilhelm Engelhardt ist am 9. September 2021 im Alter von 95 Jahren verstorben. Ein Nachruf von Prof. Dr. Frank Schulz-Nieswandt (Lehrstuhl für Sozialpolitik und Methoden der qualitativen Sozialforschung):
Werner Wilhelm Engelhardt war einer der herausragenden Köpfe des Kreises der Kölner Richtung der Sozialpolitiklehre und der Gemeinwirtschaftslehre um Gerhard Weisser, der wie Werner Wilhelm Engelhardt in der Wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln lehrte, herum. Diese Köpfe vertraten eine u. a. von Kant und von neu-kantischen Richtungen geprägte freiheitliche ethische Richtung des Sozialismus als eine Konzeption der sozialen Marktwirtschaft „links von der Mitte“ auf einer personalistischen Grundlage jenseits von Individualismus und Kollektivismus, Kapitalismus und totalitärem Kommunismus.
Er promovierte und habilitierte in Köln und lehrte von 1971 bis zu seiner Emeritierung im Seminar für Sozialpolitik und im Seminar für Genossenschaftswesen. Er publizierte neben einigen Monographien insgesamt weit über 400 Aufsätze, Abhandlungen in Sammelbänden, Beiträge in Handbüchern und Wörterbüchern. Bei Duncker & Humblot ist er, zusammen mit Theo Thiemeyer, Gründungsherausgeber der „Schriften zum Genossenschaftswesen und zur öffentlichen Wirtschaft“ (GÖW).
Sein Herz gehörte der morphologischen Idee des »Dritten Weges«, der (gemeinwirtschaftlichen) Genossenschaftsidee und der „Sozialpolitik von unten“.
Er war als Gelehrter zwar ein heterodoxer, zumal interdisziplinärer Außenseiter im Mainstream der Wirtschaftswissenschaft, aber in wichtigen Kreisen eine respektvoll wertgeschätzte Persönlichkeit, so u. a. im Wissenschaftlichen Beirat der Gesellschaft für öffentliche Wirtschaft (GÖW), später BVÖD, verbunden mit dem Internationalen Forschungs- und Informationszentrums für Gemeinwirtschaft (IFIG), d. h. dem Centre International de recherches et d`information sur l` économie publique sociale et coopérative (CIRIEC) mit Sitz in Liège, in der Arbeitsgemeinschaft genossenschaftlicher Forschungsinstitute (AGI) in Deutschland, Österreich und der Schweiz sowie im Ausschuss für Socialpolitik und im Ausschuss für Wirtschaftssysteme im Verein für Sozialpolitik.
Werner Wilhelm Engelhardt war ein herausragender Gelehrter, aber auch ein Mensch, den viele Mitmenschen geliebt, wertgeschätzt respektiert haben.
Was uns etwas trösten mag, das könnte die Einsicht sein, dass der Mensch, wenn er verstorben ist, nicht mehr leiblich unter uns ist, aber in anderer Weise noch „da“ ist: Solange es eine Erinnerung an ihn in den Köpfen und Herzen der noch lebenden Mitmenschen gibt, ist er nicht endgültig tot.
Sein Geburtsjahr 1926 gibt uns einen Hinweis auf eine Geschichte davon, wie Werner Wilhelm Engelhardt als junger Mensch aus den Ruinen heraus wie Phönix aus der Asche und noch rechtzeitig die Übersiedlung aus Halle (Saale) nach Köln schaffend, vom Schicksal jenen glücklichen Freiheitsgrad schöpferischer vita activa geschenkt bekommen hat, ein großartiges Werk zu hinterlassen, dass uns heute als Erbschaft aufgegeben ist, seine Ideen zeitgemäß weiter zu denken.
Univ.-Prof. Dr. Frank Schulz-Nieswandt
Erster Prodekan der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät