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Vorurteile über Bestechung in bestimmten Ländern begünstigen Korruption.

Neue Studie von WiSo-Professor Bernd Irlenbusch.

Ein Mann im Anzug mit Brille, öffnet einen Koffer.

Eine neue Studie hat gezeigt, dass die Erwartung, dass eine Bestechung akzeptiert wird, zu mehr Bestechungsversuchen führt. In dem Experiment stimmte die tatsächliche Bestechlichkeit von Beamt:innen bestimmter Nationalitäten jedoch nicht mit den Erwartungen derjenigen überein, die Bestechungsgelder anbieten. Forscher:innen drängen darauf, dass die aktive Bekämpfung von Vorurteilen die Korruption verringern kann.

Ob Menschen andere bestechen - oder zu bestechen versuchen - hängt davon ab, aus welchem Land ihr Gegenüber kommt. Die Nationalität des Bestechenden wiederum ist kaum von Bedeutung. Das ist das Ergebnis der Studie eines Team um Professor Dr. Bernd Irlenbusch, Mitglied des Exzellenzclusters ECONtribute und Forschungsgruppenleiter beim Exzellenzzentrum für Soziales und Ökonomisches Verhalten (C-SEB). Die Studie ist in Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) erschienen.

Mit zunehmender Globalisierung interagieren immer mehr Menschen über Ländergrenzen hinweg. Bisher hat sich die Verhaltensforschung jedoch hauptsächlich auf Korruption innerhalb einzelner Länder konzentriert. Bernd Irlenbusch und sein Team untersuchten in einem groß angelegten Experiment Korruption in einem stark kontrollierten, internationalen Umfeld. Im Rahmen der Studie nahmen etwa 6500 Personen aus 18 Ländern online an einem Bestechungsspiel teil. Sie schlüpften in die Rollen von Bürger:innen und Beamt:innen, wobei sie ihre tatsächliche Nationalität behielten. Die Bürger:innen mussten entscheiden, ob sie eine Lizenz auf dem offiziellen Weg kaufen oder die zuständigen Beamt:innen bestechen wollten, um die Lizenz zu einem niedrigeren Preis zu erhalten und am Ende des Experiments mehr Geld zu bekommen. Die Beamt:innen konnten die Bestechung entweder annehmen oder ablehnen.

Insgesamt mussten die Bürger:innen 18-mal entscheiden, ob sie bestechen wollten oder nicht - einmal für jede Nation in der Stichprobe. Anschließend sollten sie einschätzen, wie wahrscheinlich es war, dass die Beamt:innen das Bestechungsgeld annehmen würden. War die Einschätzung weitgehend richtig, erhielten sie eine Prämie. In einem weiteren Schritt tauschten die Teilnehmenden die Rollen. Die Studie berücksichtigte auch den Schaden, den die Korruption in einer Gesellschaft anrichtet: Für jede erfolgreiche Bestechung spendeten die Forscher:innen weniger Geld an eine Nichtregierungsorganisation, die sich für den Kampf gegen den Klimawandel einsetzt.

Es stellte sich heraus, dass die Bürger:innen aller Nationen Beamt:innen aus Ländern, die für Korruption bekannt sind, überdurchschnittlich viel Bestechungsgeld anboten. So war die Wahrscheinlichkeit, dass indische Beamt:innen bestochen wurden, fast doppelt so hoch wie bei kanadischen Beamt:innen. "Unsere Studie zeigt, dass die Nationalität des Interaktionspartners und die damit verbundenen Erwartungen einen größeren Einfluss auf das Anbieten von Bestechungsgeldern haben als die eigene Nationalität", sagt Bernd Irlenbusch. Allerdings neigten die Teilnehmenden dazu, die Akzeptanzraten zu über- oder zu unterschätzen: Beamt:innen aus Ländern, die in dem Ruf stehen, korrupt zu sein, waren seltener bereit, Bestechungsgelder anzunehmen als erwartet. Gleichzeitig unterschätzten die "Bürger:innen", wie oft Beamte aus Ländern, die nicht im Ruf der Korruption stehen, das Geld annahmen. So erwarteten die Teilnehmer:innen im Durchschnitt, dass 42 Prozent der US-Bürger:innen in ihrer Rolle als Beamt:innen Bestechungsgelder annehmen würden, während sie tatsächlich in 56 Prozent der Fälle erfolgreich bestochen wurden. Bei den russischen Beamt:innen im Spiel lag die Annahmequote mit 33 Prozent deutlich unter den erwarteten 47 Prozent.

Die Ergebnisse zeigen ein Muster des menschlichen Verhaltens: "Menschen richten ihr Verhalten oft danach aus, was sie von anderen erwarten", fügte Professor Irlenbusch hinzu. Bemühungen zur Überwindung von Vorurteilen gegenüber bestimmten Nationen könnten daher zur Bekämpfung der Korruption auf der ganzen Welt beitragen, schließt er daraus.