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Size Matters: Warum kleinere Unternehmen bessere Online-Bewertungen bekommen

Große Unternehmen wie Starbucks und McDonald‘s erhalten auf Bewertungsportalen wie Yelp tendenziell negativere Online-Bewertungen im Vergleich zu kleineren Konkurrenten. Sind ihre Kund:innen tatsächlich weniger zufrieden? Ein internationales Forschungsteam der Universität zu Köln, der Universität Bielefeld und der Tulane University ist dieser Frage in einer neuen Studie nachgegangen.

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Online-Bewertungen, wie zum Beispiel die Anzahl der Sterne in einer Produktrezension, fallen bei kleineren Unternehmen häufig positiver aus als bei größeren - und das hat nur bedingt etwas mit der Zufriedenheit zu tun. Das ist das Ergebnis einer aktuellen gemeinsamen Studie von Wissenschaftler:innen der Universität zu Köln, der Universität Bielefeld und der Tulane University New Orleans. Das Forschungsteam um Dr. Jan Klostermann vom Marketing Department der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln analysierte Konsument:innenbewertungen auf den Portalen von Yelp, Amazon, X und Instagram für Tausende von Unternehmen. In mehreren Experimenten stellten Jan Klostermann, Anne Mareike Flaswinkel, Chris Hydock und Reinhold Decker fest, dass mit zunehmender Unternehmensgröße die Online-Bewertung abnimmt – selbst wenn die tatsächliche Qualität der Produkte und die Zufriedenheit der Kunden gleich ist. 

So hatte beispielsweise unter amerikanischen Burgerketten In-N-Out Burger, ein vergleichsweise kleineres Unternehmen, eine durchschnittliche Sternebewertung von 4,03. Chick-fil-A dagegen, ein deutlich größeres Unternehmen, zeigte eine durchschnittliche Sternebewertung von nur 3,36. „Unter der Annahme, dass Chick-fil-A die gleiche Größe wie In-N-Out hätte, wäre aufgrund der Studienergebnisse zu erwarten, dass die Sternebewertung 4,06 betragen würde“, so Jan Klostermann. Folglich lasse sich der Unterschied zwischen diesen Wettbewerbern vollständig durch den Größenunterschied erklären.

Mit verschiedenen Experimenten zeigt das Team, dass dieser Unterschied in der Bewertung vor allem dadurch erklärt werden kann, dass die Entscheidung individueller Konsument:innen, ob sie überhaupt eine Erfahrung in Form einer Online-Bewertung teilen oder nicht, weitgehend auf Empathie beruht. Bei kleineren Unternehmen teilen die Konsument:innen daher eher positive Erfahrungen, aber seltener die negativen. Größeren Unternehmen begegneten die Konsument:innen dagegen weniger empathisch und hatten daher weniger Anreiz, ihnen zu helfen, indem sie eine positive Erfahrung teilen oder eine negative zurückhalten. Dieser Selektionsprozess erklärt, warum größere Unternehmen im Durchschnitt eine negativere Bewertung aufweisen.

Kleinere Unternehmen profitierten allerdings nicht immer von diesem Effekt. Beispielsweise verspielten sie ihren Empathie-Vorteil, wenn sie ihrer Verantwortung in Umwelt-, Nachhaltigkeits- und Sozialfragen (sogenannte ESG-Kriterien), nicht nachkamen, etwa durch unfaire Löhne oder Umweltverschmutzung. Waren kleinere Unternehmen mit derartigen Problemen konfrontiert, wurden die Online-Bewertungen überproportional negativer.

Da Online-Bewertungen eine wichtige Informationsquelle bei Kaufentscheidungen sind, birgt die Studie für Konsument:innen wichtige Implikationen. So besteht etwa das Risiko, dass sie suboptimale Entscheidungen treffen, wenn sie die Bewertungen von Unternehmen unterschiedlicher Größe miteinander vergleichen. Obwohl Konsument:innen im Allgemeinen ein gutes Gefühl für die Unternehmensgröße haben, ist ihnen möglicherweise nicht bewusst, dass die Bewertung bei kleineren Unternehmen tendenziell positiver ausfällt.

Im Hinblick auf die Unternehmen zeigen die Forschungsergebnisse, dass die Analyse des Kundenfeedbacks zu falschen Schlussfolgerungen führen kann. So könnte ein größeres Unternehmen durch den negativen Einfluss der Unternehmensgröße auf die Online-Bewertungen zu dem Schluss kommen, dass sein Angebot dem eines kleineren Unternehmens unterlegen ist und seine Kunden weniger zufrieden damit sind, obwohl die Qualität in Wahrheit ähnlich oder besser ist. Ebenso könnte ein Unternehmen, das im Laufe der Zeit größer wird, eine Verschlechterung der Bewertung beobachten und fälschlicherweise annehmen, dass die Zufriedenheit der Kund:innen abgenommen hat, obwohl in Wirklichkeit die Veränderung der Unternehmensgröße selbst für diese Verschiebung verantwortlich ist.

In ihrer Analyse konnten Jan Klostermann, Anne Mareike Flasswinkel, Chris Hydock und Reinhold Decker auch zeigen, dass größere Unternehmen den Effekt abschwächen können, wenn sie häufiger auf Bewertungen antworten und so die Empathie auf Seiten ihrer Kund:innen steigern. So könnten sie zum Beispiel Online-Rezensionen gezielt kommentieren oder auf Tweets von Konsument:innen direkt reagieren. „Dabei kommt es nicht zuletzt darauf an, wie viel Empathie die Antwort erweckt“, so Jan Klostermann: “Je mitfühlender, spezifischer und persönlicher die Antwort ist, desto besser.“

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