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Macht Covid-19 die häuslichen Geschlechterrollen gleicher?

Neue Studie zur geschlechterspezifischen Rollenverteilung in der Pandemie

zwei Hände wringen einen Putzlappen über einem roten Eimer aus

Lebenseinschnitte wie Heirat, Elternschaft, der Wechsel zu einer Vollzeitstelle oder der Ruhestand gehen häufig mit einer Anpassung der häuslichen Arbeitsteilung einher. Auch der Einfluss der Corona-Pandemie auf das Zusammenleben von Paaren und Familien hat sich verändert und scheint auf den ersten Blick mit derartigen Lebenseinschnitten vergleichbar: Die Pandemie hat das Privatleben in vielerlei Hinsicht stark verändert. Aufgrund des Lockdowns und der Homeoffice Regelungen sind die gemeinsamen Stunden in den eigenen vier Wänden erheblich gestiegen. Durch eine stärkere Nutzung der Wohnung und den Wegfall des täglichen Kantinenessens entsteht auch mehr Schmutz und Arbeit daheim. Wirkt sich dies auf die Aufteilung der Pflichten zu Hause von Paaren aus? Führt die neue Zweisamkeit gar zum Wiedererstarken alter Rollenmuster bei der Aufteilung der Hausarbeit?

Die WiSo-Forscher:innen Ansgar Hudde, Karsten Hank und Marita Jacob vom Institut für Soziologie und Sozialpsychologie der Universität zu Köln (ISS) kennen die Antworten. In einer aktuellen Studie haben sie untersucht, ob Einstellungen zu geschlechterspezifischer Rollenverteilung vorhersagen können, wie Paare die zusätzliche Hausarbeit durch die COVID-19-Pandemie aufteilen.

Für ihre Untersuchung griffen Ansgar Hudde, Karsten Hank und Marita Jacob auf Daten einer britischen Langzeitstudie zurück. In der vier Befragungswellen wegen der COVID-19 Pandemie eingeführt wurden. Für diese im April, Mai, Juni und September über 6,438 Personen (3,219 verschiedengeschlechtliche Paare) wiederholt befragt worden waren. In dieser Befragung der University of Essex wurden speziell die Stunden pro Woche gemessen, die Paare für die Hausarbeit aufwandten und welche Einstellung sie zu geschlechterspezifischer Rollenverteilung haben.

Insgesamt stünden die Ergebnisse der Sorge vor einer „patriarchalen Pandemie“, die Frauen wieder zurück in starre Geschlechterrollen zwänge, entgegen, so die Forscher:innen. Dagegen habe sich deutlich gezeigt, wie Paare in Großbritannien in unvorhergesehenen Krisensituationen die Aufteilung der Hausarbeit neu verhandeln.

In der Auswertung fanden die WiSo-Forscher:innen heraus, dass Männer und Frauen, unabhängig von ihren Einstellungen, während des ersten Corona-Lockdowns pro Woche etwa 2,5 bis 3 Stunden mehr für Hausarbeit aufwenden. Ein Effekt der Einstellungen zu Geschlechterrollen zeigt sich also nicht, vielmehr scheinen Paare sehr pragmatisch reagiert zu haben. Dieser gleichmäßige Zuwachs in den verschiedenen Gruppen führt nun dazu, dass „[…] die Pandemie scheinbar relativ gesehen zu einer zumindest vorübergehenden, bescheidenen Zunahme der Geschlechtergleichstellung bei der Hausarbeit beigetragen hat“, so die Studie.  Die Anteile bei traditionell eingestellten Paaren liegen dann bei 8,5 Stunden, statt vorher 6 Stunden beim Mann und bei 16,5 Stunden statt vorher 14 Stunden bei der Frau. Relativ gesehen steigt so der Anteil der Hausarbeit, den weniger egalitär eingestellte Männer erledigen, von 30% auf 34% an. 

Gleichzeitig zeigen Ansgar Hudde, Karsten Hank und Marita Jacob, dass Frauen generell deutlich mehr Hausarbeit ausüben als Männer; Frauen mit weniger egalitärer Haltung fast doppelt so viel als Männer mit derselben Einstellung. Die grundsätzliche Annahme, Frauen täten mehr und Männer weniger für den Haushalt treffe mithin zu und insofern habe die Pandemie zwar nicht zur Repatriachalisierung geführt, gleichzeitig aber nicht oder nur sehr wenig zu einer gleichberechtigteren Haushaltsführung beigetragen.