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Klimaneutralität 2045

EWI-Wissenschaftler:innen stellen Szenario vor.

Zeichnung eines Kraftwerks mit Strommasten

Um bis zum Jahr 2045 Klimaneutralität zu erreichen, ist eine umfassende Transformation des Energiesystems in Deutschland notwendig. Wie diese aussehen könnte, hat nun das Energiewirtschaftliche Institut an der Universität zu Köln (EWI) - An-Institut der WiSo Fakultät im Auftrag der Deutschen Energie-Agentur (dena) untersucht, im Rahmen der „dena-Leitstudie Aufbruch Klimaneutralität“. In einem Szenario beschreibt der Gutachterbericht „Klimaneutralität 2045 – Transformation der Verbrauchssektoren und des Energiesystems“ einen konsistenten Pfad zur Erreichung der Klimaziele. Das Szenario orientiert sich dabei am Klimaschutzgesetz 2021. Es berücksichtigt neben den sektoralen Klimazielen 2030 auch die sektorenübergreifenden Minderungsziele in den Folgejahren.

Im Szenario sinkt der Endenergieverbrauch bis zum Jahr 2045 um etwa 41 Prozent gegenüber dem Jahr 2018 – bedingt durch innovative Technologien, Energieeffizienz sowie verändertes Mobilitätsverhalten. Erdgas, Öl und Kohle werden durch Strom und Wasserstoff ersetzt. „Ab dem Jahr 2030 wird Strom zum wichtigsten Endenergieträger. Die Bruttostromnachfrage steigt im Szenario bis 2030 auf 698 TWh und bis 2045 auf 910 TWh“, sagt EWI-Manager Dr. Johannes Wagner. Bis 2030 wird die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien etwa verdoppelt und erreiche einen Anteil von 68 Prozent an der Bruttostromnachfrage. Der Kohleausstieg wird marktgetrieben beschleunigt. Neben Strom spielen langfristig Wasserstoff und Wasserstoff-Folgeprodukte wie synthetisches Kerosin eine zentrale Rolle.

Für die drei Endverbrauchssektoren Industrie, Verkehr und Gebäude entwickelt der Gutachterbericht auf Basis von Bottom-Up-Modellen Transformationspfade für die sektoralen Energieverbräuche entwickelt. Jeder Bereich trage zur Reduzierung des Energieverbrauchs bei. Im Verkehrssektor etwa sinke der Energieverbrauch, indem Inlandsflüge und PKW-Verkehr teilweise auf umweltfreundlichere Busse und Bahnen verlagert würden. Außerdem steige Anteil von Elektrofahrzeugen deutlich. „Im Szenario sind bis zum Jahr 2030 ca. 14 Millionen und im Jahr 2045 ca. 35 Millionen elektrische PKW in Deutschland unterwegs.“ sagt EWI-Manager Max Gierkink.

Im Bereich Industrie könnten dem durch innovative Prozesstechnologien, wie sie etwa in der Stahlindustrie eingesetzt werden, die Emissionen stark reduzieren werden. Ebenso reduzierten Effizienzsteigerungen branchenübergreifend den Energieverbrauch. Der stärkere Einsatz strombasierter Techniken sinke der Einsatz von fossilen Energieträgern.

Im Gebäudesektor würden, so das Szenario im Jahr 2030 „in Wohngebäuden ca. 4,1 Millionen und im Jahr 2045 ca. 9 Millionen elektrische Wärmepumpen eingesetzt“ werden. Im Hinblick auf die energetische Sanierungsrate taxieren die EWI-Wissenschaftler:innen eine Verdoppelung auf jährlich 1,9 Prozent. Ab 2030 werde im Gebäudesektor Wasserstoff eingesetzt, zunächst im Rahmen einer Beimischung in die Verteilnetze.

Die Stromerzeugung werde bereits im Jahr 2040 nahezu klimaneutral, so der Bericht. Die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien verdoppelt sich bis zum Jahr 2030 nahezu und erreiche einen Anteil von 68 Prozent an der Bruttostromnachfrage. Aufgrund des Rückgangs der konventionellen Stromerzeugung werde Deutschland ab dem Jahr 2030 vom Netto-Stromexporteur zum Netto-Stromimporteur.

Im Szenario entwickelt sich bereits in den 2020er Jahren eine schnell wachsende Wasserstoffwirtschaft. Im Jahr 2045 werden insgesamt 458 TWh grüner Wasserstoff nachgefragt. Sowohl die inländische Erzeugung als auch Importe nehmen deutlich zu. Neben Wasserstoff werde Deutschland aber auch langfristig auf flüssige (ölbasierte) Energieträger angewiesen sein.

Im Jahr 2045 werde laut dem Szenario insgesamt Klimaneutralität erreicht. Zwar verblieben noch etwa 87 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente, beispielsweise aus der Landwirtschaft und aus verbleibenden Prozessemissionen in der Industrie und im Gebäudesektor. Diese Emissionen würden aber beispielsweise durch technische CO2-Vermeidungsoptionen wie Abscheidung und Nutzung/Speicherung von Kohlendioxid (CCU/S) ausgeglichen. In Kombination mit dem Einsatz von Biomasse im Energiesektor entstehe eine technische Senke. Daneben würden natürlich Senken wie Wälder und Moorer eine Leistung von 41 Millionen Tonnen CO2 erreichen. Auch diese natürlichen Senken könnten für das Ziel der Netto-Klimaneutralität im Jahr 2045 angerechnet werden.