In ihrer Forschung widmen sich die Finanzwissenschaftler dem Zusammenhang von unternehmerischer Nachhaltigkeit in Form von Coroporate Social Responsibility Aktivitäten und Risiken bei Finanzunternehmen.
Wir haben uns mit Florian Neitzert über den prämierten Artikel und seine Forschung unterhalten.
Lieber Herr Neitzert,
zuerst einmal einen herzlichen Glückwunsch zur Prämierung Ihres Artikels.
Im FIRM Jahrbuch veröffentlichen regelmässig renomierte Wissenschaftler und hochrangige Praxisvertreter zu den aktuellen Fragestellungen des Risikomanagements und der Regulierung von Finanzinstituten. Was bedeutet der Gewinn des FIRM Jahrbuchpreises für Sie persönlich und professionell?
FN: Vielen Dank – Matthias Petras und ich haben uns wirklich sehr über die Auszeichnung gefreut. Der FIRM Jahrbuchpreis 2020 ist vor allem die Bestätigung, dass unsere Studie auch einen Mehrwert für die Bankpraxis liefert. Gerade für Nachwuchswissenschaftler ist die Einordnung der eigenen Forschung recht schwer, wodurch solch ein Preis natürlich auch Ansporn für weitere Forschungsarbeiten gibt.
Sie untersuchen in Ihrer Forschung insbesondere den Effekt von Corporate Social Responsibility Aktivitäten bei Finanzinstituten und stellen dabei den Wirkungszusammenhang zum idiosynkratischen Bankrisiko heraus. Für die Nicht-Betriebswissenschaftler unter uns, was bedeutet das genau?
FN: Unter idiosynkratischem Bankrisiko wird das Risiko verstanden, dem eine Bank aufgrund individueller Charakterisika ausgesetzt ist. Die Corporate Social Responsibility Aktivitäten wurden anhand sogenannter ESG-Faktoren operationalisiert. Diese nicht-finanziellen Leistungsindikatoren messen die Leistung der Bank in den Bereichen Umwelt, Soziales und Governance. In unserer Untersuchung zeigt sich zunächst allgemein, dass Corporate Social Responsibility Aktivitäten das Ausfall- und Portfoliorisiko von Banken verringern. Bei der weiteren Aufschlüsselung dieses Effekts sticht dann vor allem die risikoreduzierende Wirkung speziell von umweltbezogenen Faktoren heraus.
Banken stehen ja nicht zuletzt seit der Finanz- und Staatsschuldenkrise unter kritischer Beobachtung. Damals musste die Regierung das Finanzsystem mit Steuergeldern stabilisieren.
Was hat sich seitdem in Sachen Vertrauensbildung und Nachhaltigkeitsaspekten in der Finanzwirtschaft getan?
FN: Die Finanzkrise 2007 hat sicherlich zu einem Umdenken in der Bankindustrie geführt. Auch deshalb besitzen Nachhaltigkeitsaspekte mittlerweile in vielen Banken einen immensen Stellenwert. Die Betonung nachhaltiger Geschäftsaktivitäten kann natürlich Vertrauen wieder herstellen, wenn glaubhaft wird, dass Banken diese aus eigener Überzeugung und nicht zur Imagepflege („Greenwashing“) betreiben. Zudem stundeten in der Corona-Krise viele Banken zeitweise die Zins- und Tilgungszahlungen ihrer Kreditnehmer. Solch eine Vorgehensweise ist der Beweis für eine auf Langfristigkeit angelegte Geschäftsbeziehung.
Der neue Claim der WiSo Fakultät der Universität zu Köln lautet „Today`s ideas – tomorrow`s impact“. Bezogen auf die Ergebnisse („ideas“) Ihrer Forschung, zu welchen Handlungen und daraus resultierenden Änderungen („impact“) raten sie den Unternehmen?
FN: Wenngleich Corporate Social Responsibility heutzutage für jedes größere Unternehmen vermeintlich unerlässlich ist, profitieren Unternehmen nur von solchen Aktivitäten, wenn diese auch tatsächlich „gelebt“ werden und nicht bloß „Mittel zum Zweck“ sind. Ungeachtet dessen sollten real- und finanzwirtschaftliche Unternehmen ihre Nachhaltigkeitspraktiken vor allem in der Breite weiterentwickeln. Nicht zuletzt eine adäquate Förderung der Corporate Social Responsibility Aktivitäten durch Aufsichtsbehörden und Regelsetzer kann zukünftig einen wertvollen Beitrag leisten.
Ich danke Ihnen für das Gespräch und wünsche Ihnen weiterhin alles Gute für Ihre Forschung.
Die Fragen stellte
Andrea Leon Diaz