Die Datenlage ist eindeutig. Die Industrieländer sind Verursacher von mehr als der Hälfte der zwischen 1850 und 2019 ausgestoßenen CO2-Emissionen, wobei sie lediglich ein Fünftel der Weltbevölkerung ausmachen. Beispielsweise ist Deutschland für circa 60-mal so viele historische Emissionen verantwortlich wie Bangladesch. Deutschland ist jedoch viel weniger vulnerabel im Hinblick auf die Auswirkungen des Klimawandels. Deutschland verpflichtet sich daher seit 1972 dazu, klimarelevante internationale Unterstützung für vulnerablere Länder zu leisten. Wie funktioniert so etwas auf internationaler Ebene? Kommt Deutschland dabei seinen internationalen Verpflichtungen nach? Ann-Kristin Becker und Ina Sieberichs vom Institut für Wirtschaftspolitik der Universität zu Köln widmen sich unter anderem diesen Fragen in ihrem kürzlich veröffentlichten Beitrag zur deutschen internationalen Klimafinanzierung, welcher im Wirtschaftsdienst – Zeitschrift für Wirtschaftspolitik erschienen ist.
„Um seinen abgegebenen Versprechungen nachzukommen, muss Deutschland Mittel für die Klimafinanzierung zusätzlich zu dem Budget für konventionelle Entwicklungsmittel bereitstellen. Klimavorhaben dürfen nicht zulasten anderer Ziele der Entwicklungszusammenarbeit gehen. Auf der UN-Klimakonferenz in Scharmasch-Schaich im November 2022 wurde zudem auf Wunsch der vulnerabelsten Länder ein Fonds beschlossen, der Schäden und Verluste durch die Folgen des Klimawandels kompensieren soll. Damit es nicht lediglich bei einem Symbol für Solidarität und Verantwortungsübernahme bleibt, muss der Fonds gut ausgestaltet werden. Die auf der COP27 von Deutschland zugesagten 170 Mio. US-$ sollen aus dem BMZ-Haushalt kommen (BMZ, 2022. Damit dadurch die Mittel für andere Entwicklungsprojekte nicht schrumpfen, sollte der BMZ-Haushalt im nächsten Jahr dementsprechend aufgestockt werden.“, so die Forscherinnen. Es sei abzuwarten, ob die Ampelkoalition diese Versprechen wirklich umsetzt.
Bereits seit 1972 werden klimarelevante internationale Verpflichtungen diskutiert und von den Industrieländern eingegangen. Dazu wurde 1992 ein „Polluter Pays Principle“ (Verursacherprinzip) beschlossen. Hierbei werden die Verschmutzungskosten den Verursacher:innen zu Lasten gelegt.
Die Schäden und Verluste wurden jedoch selten auf internationaler Ebene diskutiert. Der Einfluss des Klimawandels auf konkrete Schadensereignisse ist schwer zu quantifizieren, was eine Einigung der Länder zusätzlich erschwert.
Einen weiteren problematischen Faktor bildet die genaue Nutzung dieses Fonds. Darüber hinaus ist die Ermittlung der historischen Verantwortung und die Leistungsfähigkeit der Zahlungen ein stetiges Diskussionsthema. Wie auch bereits bei den Klimaschutzverpflichtungen ist die genaue Ausgestaltung allerdings alles andere als einfach.
Die Forscherinnen bilanzieren: „Weiterhin sollte aufgrund der Verpflichtung gegenüber wirtschaftlich weniger starken und vulnerablen Ländern deren Forderungen angemessen Gehör geschenkt werden. Diese Länder fordern eine Priorisierung der Finanzierung von Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel. Deutsches Eigeninteresse sollte bei der Allokation nicht im Vordergrund stehen. Im Koalitionsvertrag hat die neue Bundesregierung festgehalten, dass die ODA-Quote von 0,7 % eingehalten werden soll und zusätzliche Mittel für die Klimafinanzierung bereitgestellt werden sollen (SPD et al., 2021, 150). Es bleibt weiterhin abzuwarten, ob die Ampelkoalition dies tatsächlich umsetzt.“