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Gesund unter Arbeitskolleg:innen

Studie von Lea Ellwardt zeigt: Arbeitskolleg:innen beeinflussen das Ernährungsverhalten.

Mann in blauem Hemd und grüner Krawatte isst Salat aus einer Glasschüssel

Beschäftigte essen mit größerer Wahrscheinlichkeit Obst und Gemüse und betätigen sich körperlich, wenn ihre Kolleg:innen sie zu einem gesunden Lebensstil ermutigen. Außerdem steht das gesunde Essverhalten der Mitarbeitenden in einem positiven Zusammenhang mit dem Obst- und Gemüsekonsum ihrer Kolleg:innen. Das sind Ergebnisse einer neuen Studie von Anne van der Put (Universität Utrecht) und Lea Ellwardt, Inhaberin der Heisenberg-Professur für Soziologie am Institut für Soziologie und Sozialpsychologie (ISS) der WiSo-Fakultät.

Wenn jedoch ein:e Kolleg:in viel Sport treibt, veranlasst dies die anderen nicht, es ihm gleichzutun. Was die körperliche Betätigung betrifft, so hat die ausdrückliche Ermutigung zwar einen positiven Effekt, aber die Mitarbeitenden neigen nicht dazu, ihr Verhalten an dem anderer, körperlich aktiverer Kolleg:innen zu orientieren. Anne van der Put und Lea Ellwardt kommen zu dem Schluss, dass die Ermutigung durch den Kollegenkreis und das eigene gesunde Verhalten insgesamt dazu beitragen können, eine Gesundheitskultur am Arbeitsplatz zu schaffen und alle Mitarbeitenden dabei zu unterstützen, gesunde Entscheidungen zu treffen.

Sportliche Betätigung und gesunde Ernährung sind nicht nur individuelle Entscheidungen, sondern werden auch von Familienmitgliedern sowie in Freundes- und Nachbarschaftskreisen beeinflusst. Über die Rolle von Arbeitskolleg:innen, die einen weiteren wichtigen zwischenmenschlichen Einfluss darstellen, ist jedoch wenig bekannt. Die Menschen verbringen viele Stunden am Arbeitsplatz und sind dabei meist von denselben Kolleg:innen umgeben, die daher einen erheblichen Einfluss auf die (un)gesunden Entscheidungen der Arbeitnehmer:innen haben könnten. Anne van der Put und Lea Ellwardt untersuchten daher, inwieweit Kollegen eine Rolle für das Ernährungs- und Bewegungsverhalten der anderen spielen können, indem sie sich auf zwei Wege konzentrierten: Kolleg:innen können einen gesunden Lebensstil fördern oder als Vorbilder fungieren, deren Verhalten beobachtet und kopiert wird.

Das Team nutzte die European Sustainable Workforce Survey, die Daten von 4345 Beschäftigten in 402 Teams in 113 Unternehmen enthält. „Unsere Studie hat gezeigt, dass Mitarbeiter eher bereit sind, Obst und Gemüse zu essen und sich körperlich zu betätigen, wenn ihre Kollegen einen gesunden Lebensstil fördern“, so Lea Ellwardt. Entgegen ihren Erwartungen stellten sie und van der Put jedoch eine negative Korrelation zwischen der körperlichen Aktivität von Mitarbeitenden und Kolleg:innen fest, wenn keine ausdrückliche Ermutigung stattfand. „Eine Erklärung für unser negatives Ergebnis könnte sein, dass körperliche Aktivität typischerweise außerhalb der Arbeitszeit stattfindet, wo sie für die Kollegen kaum sichtbar ist“, so Ellwardt. Menschen essen am Arbeitsplatz oft gemeinsam, während körperliche Aktivität privat stattfindet und der soziale Einfluss daher geringer ist.

Die Studie berücksichtigt sowohl die Ermutigung durch die Kolleg:innen als auch deren tatsächliches Verhalten, wobei sie sich mit der verhaltensspezifischen Ermutigung und nicht mit allgemeiner sozialer Unterstützung und mit Verhaltensweisen, außerhalb des Arbeitsplatzes befasst. Ellwardt erklärt: „Die Studie ist eine der ersten, die sich mit der Rolle des Verhaltens von Kollegen befasst und dabei einen Netzwerkansatz verfolgt, der auch direkte Kollegen einbezieht. Dies ermögliche eine feinkörnigere Analyse als die Aggregation von Maßnahmen auf individueller Ebene oder die Einbeziehung von Mitarbeitenden, die nicht in unmittelbarer Nähe arbeiten.

Insgesamt hätten die Ermutigung der Kolleg:innen und ihr eigenes gesundes Verhalten das Potenzial, zur Schaffung einer Gesundheitskultur am Arbeitsplatz beizutragen und alle Mitarbeitenden dabei zu unterstützen, gesunde Entscheidungen zu treffen. Nach Ansicht der Autorinnen ist dies ein vielversprechender Ansatz für Führungskräfte und Entscheidungsträger im Bereich der öffentlichen Gesundheit. „Unsere Studie deutet darauf hin, dass es bei der Konzeption von Gesundheitsmaßnahmen wichtig ist, neben anderen sozialen Einflüssen wie dem des Partners oder der Partnerin, Familienmitgliedern und Freunden auch das Arbeitsumfeld einzubeziehen. In Bezug auf gesundes Verhalten sind Kollegen wichtige Quellen sozialer Unterstützung und können als Vorbilder dienen“, resümiert Professor Ellwardt. Entscheidend sei, dass die Ermutigung und das Verhalten der Kolleg:innen nicht nur zur Schaffung einer Gesundheitskultur am Arbeitsplatz beitragen, sondern auch indirekt die gesamte Belegschaft unterstützen – auch diejenigen, die keine speziellen Gesundheitsprogramme am Arbeitsplatz nutzen.

Künftige Forschungsarbeiten würden von der Verwendung von Längsschnittdaten profitieren, um Einflussprozesse im Zeitverlauf zu untersuchen, meinen die Autorinnen. Da Individuen Hinweise aus ihrer Umgebung verinnerlichen, um ihre intrinsische Motivation zu formen, könnte diese Forschung zeigen, wie lange es dauert, bis sich ein neuer Mitarbeiter an die aktuelle Gesundheitsnorm am Arbeitsplatz anpasst.