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Was bedeutet es, wenn sich der Staat finanzialisiert?

In einem gemeinsamen Forschungsprojekt haben Dr. Michael Schwan, Prof. Dr. Christine Trampusch, beide vom Cologne Center for Comparative Politics (CCCP) der Wiso-Fakultät, und Dr. Florian Fastenrath vom Institut für Sozioökonomie (Ifso) der Universität Duisburg-Essen, eine vergleichende Untersuchung der Veränderungen von Staatsschulden und -vermögen in ganz Europa durchgeführt.

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Dabei beziehen sich die drei Forscher*innen auf das Forschungsfeld der Finanzialisierung, welches interdisziplinär die Folgen des Bedeutungszuwachses des globalen Finanzsektors für Wirtschaft, Haushalte und Staaten untersucht. Da besonders letzterer ein bislang wenig beachteter, für Fragen nach politischen Gestaltungsoptionen, Verteilung und Demokratie jedoch besonders folgenschwerer Bereich ist, leistet ihre Untersuchung Pionierarbeit.

Die Autor*innen gehen dabei der Frage nach wie sich der Wandel von politisch-bürokratischer Steuerung öffentlicher Schulden und Vermögenswerte, der auf einem makroökonomischen Politikverständnis beruhte, hin zu einer marktbasierten Steuerung (Governance), deren Grundlage die finanzökonomische Theorie ist, innerhalb 36 europäischer Volkswirtschaften in den letzten 30 Jahren vollzogen hat. Dabei beleuchten die Wissenschaftler*innen sowohl Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern, als auch mögliche Faktoren, die zu eben jenen Wandlungsprozessen beigetragen haben könnten.

Die Arbeit kommt zu dem Schluss, dass die Finanzialisierung des staatlichen und privaten Sektors zwei sich gegenseitig verstärkende Prozesse sind und dass sowohl innenpolitische wie internationale Faktoren eine wichtige Rolle spielen. Schlussendlich deuten die Resultate an, dass es in diesem Bereich zu Spannungen zwischen der nationalstaatlichen Demokratie und den Verteilungsfolgen der staatlichen Finanzialisierung kommen könnte. Hiermit knüpfen die drei Forscher*innen an frühere Projekte an, bei denen sie sich u.a. bereits mit dem staatlichen Schuldenmanagement oder dem Einsatz komplexer Finanzinstrumente (Derivate) auf kommunaler Ebene beschäftigt haben.