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Umverteilung durch Preisvergleichsplattformen?

Faire Verbraucherverträge: Forscher*innen des iwp haben sich mit den Verteilungswirkungen von Preisvergleichsplattformen und möglichen Regulierungserfordernissen auseinandergesetzt.

"Special Prices"-Schild an einem Schaufenster

Verbraucherverträge für Telekommunikation oder Energie werden im Regelfall in befristeten Laufzeitverträgen mit automatischer Vertragsverlängerung angeboten. Bei neuen Vertragsabschlüssen sind befristete Nachlässe in Form einmaliger Bonuszahlungen oder fortlaufender Rabatte auf den monatlichen Vertragspreis üblich. Diese Vergünstigungen laufen allerdings spätestens mit dem Ende der Mindestvertragslaufzeit aus. Wenn Verbraucher*innen ihren Laufzeitvertrag nicht vor Ablauf der Kündigungsfrist proaktiv kündigen, sind sie für einen festgelegten Zeitraum weiterhin an den Vertrag gebunden und zahlen – ggf. unbeabsichtigt – während dieser Zeit die ursprünglich vereinbarte volle monatliche Grundgebühr. Andere Verbraucher*innen profitieren dagegen durch regelmäßige Kündigungen von dieser Art der Vertragsgestaltung.

Bei der Vermittlung und Verwaltung dieser Verbraucherverträge spielen Preisvergleichsplattformen eine zunehmend wichtige Rolle. Im Rahmen des Forschungsprojekts „Preisvergleichsplattformen, Cashbacks und automatische Vertragsverlängerungen: Faire Verbraucherverträge und Regulierungsfragen aus Sicht des Verbraucherschutzes“ hat nun ein Team um Professor Steffen J. Roth vom Institut für Wirtschaftspolitik an der Universität zu Köln (iwp) beleuchtet, welchen Einfluss die zunehmende Relevanz von Preisvergleichsplattformen auf diese Art der Vertragsgestaltung der Verbraucherverträge haben kann.

In einem aktuellen Diskussionspapier argumentieren Roth und die iwp-Wissenschaftler Christoph Oslislo, Clemens Recker und Rebekka Müller-Rehm, dass die Wechselkund*innen, also diejenigen, die ihre laufenden Verträge aufmerksam verwalten und regelmäßig fristgerecht aufkündigen, durch die Plattformen wohl zunehmend auf Kosten der eher „trägen“ Verbraucher*innen profitierten, denn auf Vergleichsplattformen, stünden Anbieter in einem intensiven Wettbewerb um den niedrigsten Effektivpreis. Direkte Rabatte auf die Grundgebühr bringen ihnen darin ebenso einen Vorteil wie sogenannte Cashbacks, also Rabattzahlungen seitens der Vergleichsplattformen. Diese Cashbacks verstärkten aber noch die Umverteilung zu Lasten der „trägen“ Verbraucher, zumal empirische Erhebungen zeigten, dass ein großer Anteil der Cashbacks regelmäßig nicht abgerufen werde.

Sind „träge“ Verbraucher schon heute stark benachteiligt, nähmen in Zukunft die Möglichkeiten zur individuellen Preisdiskriminierung durch den zunehmenden Anfall von plattformseitig generierten Nutzerdaten noch weiter zu. Beispielsweise ließen sich vergleichsweise teure Verträge mithilfe hoher Cashbacks über einen vermeintlich geringen Effektivpreis gezielt an Kundengruppen vermitteln, bei denen auf der Basis der Daten eine geringe Abrufwahrscheinlichkeit erwartet wird. Indem Wechselkund*innen im gleichen Zuge nur Verträge mit niedrigeren Rabatten angeboten werden, könnten Plattformen und Anbieter in Zukunft über differenzierte Verträge einen großen Teil des heute noch bestehenden Konsumentennutzens abschöpfen.

[Quelle: https://www.verbraucherforschung.nrw/kommunizieren/kvf-ws-18-preisvergleichsplattformen-cashbacks-und-automatische-vertragsverlaengerungen-51784 - zusammengefasste Variante des Textes von Christoph Oslislo, Clemens Recker, Rebekka Müller-Rehm und Steffen J. Roth (CC BY-SA 4.0)]