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Psychologisch gegen die Steuerhinterziehung

Neue Studie: Vorausgefüllte Abzüge verbessern die Steuerehrlichkeit.

Prof Dr. Overesch vor einer Ziegelwand und einem senkrechten WISO-Schriftzug

Steuerhinterziehung ist ein Problem, dessen Bekämpfung erhebliche Ressourcen verschlingt. Abzugsmöglichkeiten in der Steuererklärung  stellen für viele Steuerpflichtige die hauptsächliche Möglichkeit dar, Steuern zu hinterziehen.

In einer aktuellen Studie hat WiSo-Professor Michael Overesch gemeinsam mit Martin Fochmann, Tobias Kölle und Frank Hechtner diesen Bereich in den Blick genommen. In einem kürzlich veröffentlichten Artikel analysieren die Wissenschaftler drei Instrumente, die auf steuerlich abzugsfähige Ausgaben zielen im Hinblick auf ihre Wirksamkeit bei der Reduzierung von Steuerhinterziehung.

Steuergesetze regeln, welche Ausgaben abzugsfähig sind. Ebenso verbreitet ist die Begrenzung der abzugsfähigen Beträge auf bestimmte Maximalbeträge. Als drittes nahmen sie das Vorausfüllen von Abzügen in der Steuererklärung in den Blick.

Im Ergebnis zeigt sich, dass die Einschränkung von Steuerhinterziehungsmöglichkeiten durch das Ausschließen des Absetzens bestimmter Ausgaben nur ein ineffektives Instrument in der Bekämpfung von Steuerhinterziehung darstellt. Vielmehr zeigt sich ein Steuerhinterziehungs-Verschiebungs-Effekt. Die Steuerhinterziehung durch die übermäßige Angabe von Abzügen reduziert sich kaum, sondern verlagert sich nur von den nicht mehr absetzbaren Posten auf weiterhin absetzbare Posten.

Eine Limitierung der Abzugsfähigkeit von Ausgaben vermeidet hingegen diesen Steuerhinterziehungs-Verschiebungs-Effekt. Eine Begrenzung der Absetzungsfähigkeit scheint somit ein durchaus effektives Instrument zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung zu sein.

Eine relativ neue Methode stellen Steuererklärungen mit vorausgefüllten Einträgen dar. So befüllen etwa elektronische Steuererklärungsprogramme zur ersten Orientierung die aktuelle Steuererklärung mit den Zahlen des Vorjahres. Überdies kann der automatische Datenaustausch zwischen Steuerbehörde und Arbeitgebern, Sozialversicherungsträgern und Banken die Vorausfüllung von Steuererklärungen (Third Party Reporting) ermöglichen.

Im Vergleich zu leeren Formularen, so legen die Studienergebnisse nahe, erhöhen vorausgefüllte Abzüge die Steuerehrlichkeit beträchtlich. Insbesondere sinke das Niveau der positionsspezifischen Steuerhinterziehung - vor allem bei Positionen, die für die Steuerhinterziehung bevorzugt werden. Dieses Ergebnis unterstreicht die Bedeutung von nicht-monetären, sondern psychologischen Faktoren für die Gestaltung von Steuervorschriften.

Für politische Entscheidungsträger könnte die Vorausfüllung von Steuererklärungen, soweit technisch möglich, mithin ein effektives Mittel zu Reduzierung der Steuerhinterziehung darstellen, schlussfolgern Michael Overesch, Martin Fochmann, Tobias Kölle und Frank Hechtner. Während die Begrenzung der Abzugsfähigkeit von Ausgaben jeweils einer demokratischen Rechtfertigung bedarf, erfordert die Vorausfüllung lediglich eine Änderung des Verwaltungsprozesses und wird im Wesentlichen bereits von Steuererstellungssoftware durchgeführt. Noch wichtiger ist allerdings, dass das Verbot oder die Begrenzung der Abzugsfähigkeit eine Pauschallösung darstellt, die sich auch auf die Steuerrechnung von ehrlichen Personen auswirkt, während vorausgefüllte Steuererklärungen für ehrliche Steuerzahler ohne negative Konsequenzen sind.