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Gender Pay Gap (schon) in den Lohnerwartungen

Neue Studie beleuchtet die Lohnlücke in den Köpfen.

Ein Mann und eine Frau beim Handschlag am Kaffeehaustisch

Photo: rawpixel/Pixabay

Schon vor dem Abschluss ihres Studiums rechnen junge Frauen mit einem deutlich niedrigeren Einkommen als ihre männlichen Kommilitonen und diese Erwartungen haben deutliche Auswirkungen auf ihren tatsächlichen, späteren Verdienst. Zu diesem Ergebnis kommt ein Forschungsteam um die WiSo-Professorin Pia Pinger in einer aktuellen Untersuchung.

Rechnen Studentinnen im Durchschnitt mit einem Einstiegsgehalt von rund 33.400 Euro, erwarten männliche Absolventen mit knapp über 39.000 Euro deutlich höhere Summen. Das Gefälle bei den Lohnerwartungen kommt damit den realen Lohnunterschieden überraschend nah. Für ihre Untersuchung werteten die Forscher Angaben von 15.348 Studierenden und 1.155 Absolventen aus.

Entsprechend der realen Lohnlücke gehen auch die unterschiedlichen Lohnerwartungen über den Karriereverlauf hinweg schon vor Abschluss des Studiums auseinander. Männer rechnen demnach im Durchschnitt damit, bereits nach neunjähriger Berufstätigkeit fast jenes Gehalt zu erreichen das Frauen als Höchstlohn ihrer gesamten Karriere erwarten (49.000 Euro bei den männlichen gegen 51.000 Euro bei den weiblichen Studierenden).
Die niedrigeren Einkommenserwartungen von Frauen zeigten sich in der Untersuchung nahezu unabhängig vom Studienfach. Das Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten spielt ebenso wenig Rolle, wie die Beobachtung des realen Arbeitsmarktes.

Neben der Auswahl von Berufen und Branchen bieten vielmehr, darauf deuten die Untersuchungsergebnisse hin, unterschiedliche Verhandlungsstile von Männern und Frauen eine stärkere Erklärung für die realen Lohnunterschiede. Wenn Frauen niedrigere Löhne erwarteten, planten sie Gehaltsforderungen zu stellen, die näher an ihrem Reservationslohn lagen. Dagegen hätten männliche Studenten mit ihren höheren Anfangsforderungen zugleich einen größeren Verhandlungsspielraum. Der mutigere Verhandlungsstil männlicher Berufseinsteiger zahle sich in den erwarteten Verhandlungsergebnissen aus.

Gezielte Verhandlungstrainings für Frauen könnten mithin nach Meinung der Wissenschaftler ein Mittel sein, die Lohnlücke in den Köpfen und in der Realität zu schließen. Erfolgversprechender als Frauen in Männerberufe zu bringen, sei darüber hinaus, die Aufklärung über das reale Lohngefälle und die Karrierekosten der Familiengründung voranzutreiben. Nicht zuletzt könnte dies junge Frauen dazu motivieren, über eine gleichmäßigere Verteilung der Kindererziehungszeiten innerhalb des Haushalts zu verhandeln, denn es sind offenbar die Erwartungen, welche die Realität bestimmen, stärker als umgekehrt.

IZA working paper No. 12522: Gender Differences in Wage Expectations: Sorting, Children, and Negotiation Styles