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Bildungsungleichheit prägt auch Arbeitsmarktsausstieg

Internationale ISS-Studie

Ein unglücklicher älterer, gerade entlassener Geschäftsmann auf Treppenstufen vor einem Hochhaus.

Der demographische Wandel stellt eine der größten finanziellen Herausforderungen für europäische Rentensysteme dar. Um diesen entgegenzuwirken, wurden in fast allen europäischen Ländern politische Maßnahmen beschlossen, wie z. B. die Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters oder die Kürzung von Frühverrentungsmöglichkeiten. Diese Maßnahmen treffen ältere Beschäftigte unterschiedlich stark und in Abhängigkeit von ihrem Bildungsniveau. Höhere Bildung bietet dem Einzelnen die Möglichkeit, freiwillig aus dem Arbeitsmarkt auszusteigen. Dies ist bedingt durch die meist attraktiveren, stabileren, höherbezahlten Arbeitsplätze und gesünderen Arbeitsbedingungen. Dementsprechend verlassen niedrig und höher gebildete Beschäftigte den Arbeitsmarkt in unterschiedlichem Alter und aus anderen Gründen. Dies kann zu einer Vergrößerung sozialer Ungleichheiten zwischen den Gruppen, dem sogenannten sozialen Gradienten, führen.

In einer international vergleichenden Studie haben die ISS Forscherinnen Jana Mäcken und Lea Ellwardt mit ihren Kollegen Unterschiede im freiwilligen und unfreiwilligen Arbeitsmarktaustritt zwischen niedrig und höher gebildeten Beschäftigten in 15 europäischen Ländern analysiert. Sie untersuchten dabei, welche politischen Maßnahmen den sozialen Gradienten verringern können. Die Stichprobe beinhaltete über 19.000 Personen.

Die Analysen zeigen, dass in 13 der 15 Länder niedriger Gebildete im Durchschnitt eine um zwei Prozentpunkte höhere Wahrscheinlichkeit haben, den Arbeitsmarkt unfreiwillig zu verlassen als höher gebildete Beschäftigte. Dieser soziale Gradient war am größten in der Tschechischen Republik, in Portugal und in Deutschland und am kleinsten in Schweden, den Niederlanden und in Dänemark. Die Analysen der politischen Maßnahmen zeigte, dass ein strengerer Beschäftigungsschutz zu einem geringeren sozialen Gradienten beim unfreiwilligen Arbeitsmarktaustritt führte. Auch eine höhere Teilnahmequote in Programmen, welche lebenslanges Lernen fördern, war mit einem geringeren sozialen Gradienten beim unfreiwilligen Arbeitsmarktaustritt verbunden. Höhere Ausgaben für Rehabilitation waren mit einem mit einem geringeren Gefälle bezüglich des Verbleibes im Erwerbsleben assoziiert.


Insgesamt zeigte die Studie, dass es für niedrig gebildete Beschäftige schwieriger ist, das neue politische Ziel des längeren Arbeitens zu erreichen. Maßnahmen, die Weiterbildungsmöglichkeiten speziell für niedrig gebildete Beschäftigte anbieten, können dazu beitragen, Bildungsungleichheiten beim Arbeitsmarktausstieg zu verringern.