zum Inhalt springen

Robert Müller-Grünow im Interview

„Duft ist der einzige Sinnesreiz, der unmittelbar Emotionen auslöst“

Robert Müller-Grünow ist Alumnus der WiSo-Fakultät und Gründer sowie CEO des Unternehmens scentcommunication. Seit seinem Abschluss in BWL (Diplomstudiengang) im Jahr 1997 arbeitet er in Köln im Bereich Duftmarketing und beschäftigt sich mit Scent Technologies und Scent Communication. Seine Kunden stammen aus unterschiedlichsten Branchen: Vom Getränkehersteller Coca-Cola bis zum Luftfahrtkonzern Lufthansa oder dem Sportartikelhersteller adidas. Wir sprachen mit ihm über seine Arbeit im Bereich Duftmarketing, seine Rückkehr an die WiSo-Fakultät als Gastdozent und seinen Lieblingsplatz an der Uni Köln.

Herr Müller-Grünow, Sie sind der Gründer des Unternehmens Scentcommunication. In welcher Weise können Unternehmen Düfte einsetzen? Wie unterstützen Sie dabei?

Menschen nehmen mit allen Sinnen wahr. Wir kommunizieren mit allen Sinnen. Duft ist der einzige Sinnesreiz, der unmittelbar Emotionen auslöst und an dem man sich am besten erinnern kann. Unternehmen und Marken versuchen, einzigartig zu sein und positive Assoziationen und Gefühle entstehen zu lassen, wenn ein Kontakt zu Menschen hergestellt wird. Der in diesem Moment wahrgenommene Duft ist entscheidend für die Bewertung dieses Moments und auch langfristig für die Bindung zu der Marke bzw. dem Unternehmen. Düfte können in fast allen erdenklichen Kontaktpunkten eingesetzt werden.

Sie beschäftigen sich mit Scent Technology und Scent Communications. Können Sie die Begriffe genauer erklären?

Zum einen geht es darum, den richtigen Duft zu wählen, der genau die gewünschten Assoziationen weckt und zu den audiovisuellen und haptischen Gestaltungsmitteln passt. Das ist Teil der Duftkommunikationsstrategie. Dann ist es entscheidend, den Duft richtig steuern zu können und dafür sind die geeigneten Technologien notwendig. Wir entwickeln beides, die Düfte sowie die Technologien, die von extrem punktuellen Dufteindrücken und der Synchronisation von Bild und Ton mit Düften bis hin zur Beduftung großer Räume reicht.


Im  Oktober 2017 sind Sie als Gastdozent zurück an die WiSo-Fakultät gekommen und haben einen Vortrag gehalten. Wie haben Sie diese Rückkehr an die Universität zu Köln in der neuen Rolle als Dozent erlebt?

Es hat sich auf den ersten Anblick außer neuen Gebäuden und sehr viel internationaler wirkenden Studentinnen und Studenten nicht viel geändert. Dass aber nun die Vorlesungen und Teile des Studienbetriebs auf Englisch laufen, ist neu. Das ist sicher für die Internationalisierung gut, aber ich frage mich: Ist es für Deutsche einfach, auch komplexe Sachthemen in der gleichen Tiefe zu studieren? Und hat dies nicht langfristig Einfluss auf die Forschung bzw. wird es künftig weiterhin relevante Literatur in deutscher Sprache geben?

Nichts, was wir tun, ist komplett unabhängig vom Duft, den wir dabei wahrnehmen. 

Robert Müller-Grünow, Gründer und CEO des Unternehmens scentcommunication
Foto: pixabay.com / Lee_seonghak

Das Thema Ihres Vortrags lautete "Scent - the underestimated way to communicate". Inwiefern beeinflusst uns Geruch im täglichen Leben und wie kommunizieren wir bewusst und unbewusst über Geruch?

Menschen können, solange sie atmen, den Geruchssinn nicht abschalten. Duftmoleküle umgeben uns immer und beeinflussen unser Denken und Handeln. Nichts, was wir tun, ist komplett unabhängig vom Duft, den wir dabei wahrnehmen. Selbst die Partnerwahl wird maßgeblich durch den Duft bestimmt („man kann jemanden riechen“), weil wir mit dem körpereigenen Duft vermitteln, ob unsere genetische Veranlagung passend ist für die Zeugung gesunder Kinder.

Wir haben gleichzeitig aber verlernt, bewusst über Düfte nachzudenken und diese einzuordnen. Ich appelliere daran, mit „offener Nase“ durch die Welt zu laufen und zu versuchen, Düfte wahrzunehmen, einzuordnen und zu bewerten. Das ist zudem ein hervorragendes Gehirntraining, weil nur das Riechen alle Gehirnareale gleichzeitig aktivieren kann.

Sind Sie durch Ihre Beschäftigung mit dem Thema Geruch auch privat für dieses Thema sensibilisiert? Achten Sie zum Beispiel stärker als zuvor auf Parfum Ihres Gegenübers?

Das bleibt nicht aus, obwohl ich versuche, eine „normale“ Nase zu behalten, auch weil unsere Kunden typischerweise nicht aus der Duftindustrie kommen, sondern Duft erst einmal als etwas Neues betrachten und ungeübt mit ihm umgehen.

Wann und wie reifte die Idee für die Gründung Ihres Unternehmens? Und wie sind Sie ursprünglich auf das Thema Duft gekommen?

Das war ein Zufall. Im Jahr meines Examens kaufte ein sehr guter Freund ein Patent für die Umsetzung eines „Duftkinos“ – er fragte mich, ob ich nicht daran Interesse hätte. Wir begannen also, eine Dufttechnologie zu entwickeln und zu vermarkten. Ich habe das Unternehmen anschließend übernommen und dann angefangen, auch eigene Düfte zu entwickeln, als Samsung auf uns zukam und einen Markenduft entwickelt haben wollte.

Das Studium hat mir Jahre in Brasilien und den USA ermöglicht.

Robert Müller-Grünow
Lieblingsplatz an der Uni Köln: Der E-Raum (Erfrischungsraum) mit Blick auf die Uniwiese. Foto: Fabian Stürtz

Wie verlief die Gründung? Gab es Schwierigkeiten, die Sie zunächst überwinden mussten?

Wir konnten anfangs private Investoren für das Thema begeistern, nach der Übernahme wächst das Unternehmen ausschließlich mit eigenen Mitteln aus dem Cash Flow. Die früh eingestiegenen Investoren halfen uns über die Zeit, das Thema „Duft“ bekannt zu machen und die Relevanz zu vermitteln, die bis heute immer noch nicht alle verstanden haben.

Hat Ihnen in dieser Situation Ihr Studium der BWL an der WiSo-Fakultät geholfen?

Geschadet hat es sicher nicht. Das Studium hat mir auch Jahre in Brasilien und den USA ermöglicht, was sicherlich auch wichtig war.

Wenn Sie an Ihre Studienzeit zurückdenken: Gibt es Situationen, die Sie besonders geprägt haben?

Ich hatte während des Studiums sehr viel zu tun… mit einer eigenen, kleinen Designagentur und der Arbeit für ein großes brasilianisches Unternehmen verbrachte ich einen Großteil meiner Zeit außerhalb der Uni…

Gibt es einen bestimmten Geruch, den Sie mit der WiSo-Fakultät verbinden? Und hatten Sie einen Lieblingsplatz an der Universität?

Eigentlich habe ich keinen sehr prägnanten Duft in Erinnerung. Den des Gebäudes, stickige Luft in überfüllten Hörsälen vielleicht und der des E-Raums ;-) Das war im Zweifel auch ein angenehmer Ort.

Welche drei Tipps können Sie unseren Studierenden mit auf den Weg geben?

Ins Ausland gehen, in andere Disziplinen hineinschauen, Praktika machen. Möglichst offen sein, viele Menschen kennenlernen, reisen und herausfinden, ob man lieber in einer größeren Struktur arbeiten möchte oder vielleicht eher selbständig/unternehmerisch.

Vielen Dank für das Interview, Herr Müller-Grünow!


Die Fragen stellte Sarah Brender.